Gerngroß

Die Mariahilferstraße zieht die Grenze zwischen dem 6. und 7. Bezirk und ist somit ein unumgänglicher Teil der Stadt. Nur schwer kann man sich vorstellen, dass jemand in Wien die Straße noch nicht betreten hat, sei es fürs Shoppen, fürs Essen, fürs Clubbing oder einfach für einen Spaziergang. Seit dem 17. Jahrhundert dient diese Straße genau diesen Zwecken und ist Heim vieler Unternehmen. Unter diesen Shops befindet sich ein Geschäft, das wohl jeder Stadtbewohner und jede Stadtbewohnerin kennt, genannt Gerngroß; ein Mikrokosmos mit 7 Geschossen, in denen man von Parfüm bis Schuhe oder Technik alles kaufen kann.

Von dieser Straße angezogen, zog Alfred Gerngroß nach Wien um und eröffnete 1879 mit seinem Bruder Hugo einen Laden auf der Mariahilferstraße. Sein großer Erfolg ermöglichte es ihm sein Unternehmen auszubreiten. Er war sogar so erfolgreich, dass er zur Jahrhundertwende die Architekten Fellner & Helmer – die die bekannten Theater der Monarchie, wie auch das Volkstheater, designten – anzuheuern, um ein Kaufhaus zu bauen, dass das größte in Wien und auch in der Habsburgermonarchie wurde.

Das Kaufhaus, gebaut von 1902 bis 1904, hatte eine schöne Jugendstilfassade, 5 Stockwerke und zwei große Treppen zur linken und rechten Seite des Erdgeschosses. Das Gebäude wäre heute als sehr luxuriös angesehen. Es hatte 8 Aufzüge, eine Leseraum mit internationalen und nationalen Zeitungen, ein öffentliches Telefon, einen stündlichen Lieferdienst in alle Bezirke und war von 8 Uhr in der Früh bis 8 Uhr am Abend – selbst heute eine Rarität in Wien – offen.

Gerngroß überlebte den Zweiten Weltkrieg, aber nur in schlechter Verfassung, und wurde den rechtmäßigen Besitzer nach Ende des Kriegs zurückgegeben. Jedoch überlebte das Kaufhaus ein Feuer im Jahr 1979 nicht, was dazu führte, dass das Haus abgerissen wurde und ein neues 1980 gebaut wurde.

Nur wenig erinnert noch an die glorreiche Zeit des ersten Gerngroß. Das Gebäude, die Treppen, die Aufzüge, selbst die Öffnungszeiten sind lange vergessen. Aber, wie es sich in Wien nunmal gehört, gibt es auch heute noch einen Bezug zu Alfred Gerngroß, beziehungsweise zu seiner Büste, die jeden Einkaufswilligen begrüßt.

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