Der Heinrichhof

Unsere Staatsoper ist ein allzu bekanntes Wahrzeichen Wiens, das jährlich von hunderten Bewohner*innen der Stadt als auch von Tourist*innen frequentiert wird. Jedoch ist auch das Gebäude hinter der Staatsoper von großer historischer Bedeutung. Wenn Sie sich die Zeit nehmen und sich mit dem Rücken zur Oper stellen, werden Sie schnell bemerken, dass das Gebäude nicht dem Stil der anderen entspricht.

Nachdem die Stadtmauer entfernt wurde, kam es zu einem großen Schub an Neubauten in Wien. Wenn Sie Wien um 1860 verlassen hätten und gute fünf Jahre später zurückgekommen wären, hätten Sie die Stadt wohl kaum wiedererkannt. Neue Häuser wurden gebaut, vor allem für die, die sich ein Heim in diesem “neuen” Fleck der Stadt leisten konnten. Einer davon war der Großindustrielle Heinrich Drasche, der Besitzer einer Fabrik am Wienerberg. Er engagierte den berühmten dänischen Architekten Theophil von Hansen (unter anderem Architekt des Parlaments und des Musikvereins), um ein Wohnhaus auf der Ringstraße zu erbauen, ein Wohnhaus das den Namen Heinrichhof trug.

Der Heinrichhof – gebaut zwischen 1861 und 1862 – war ein imposantes Wohnhaus, dass so eindrucksvoll war, dass es den Baustandard anderer Ringstraßenbauten hob. Das Wohnhaus prahlte mit 4 Türmen, die andeuten, dass es sich hier um eine Art Schloss für Personen der neuen Klasse hielt: eine neue Art an reichen Großindustriellen. Die Fassade des Heinrichhofes wurde verziert mit zwei Hermen, die 2015 im Wiener Dorotheum für 35.000 Euro versteigert wurden. Das Wien Museum ist stolzer Besitzer beider Hermen.

Auch das Heinrichhof Café war Teil des Wohnbaus, welches frequentiert wurde von Künstlern wie Josef Hoffmann und Otto Wagner, aber auch von Komponisten wie Johannes Brahms. Frederic Morton erzählte, wie Brahms – für den immer ein Tisch im Café reserviert wurde – es pflegte sich in einem der Stühle am Fenster zurückzulehnen und wegnickte, nachdem er seinen Mocha zu sich nahm. “Passanten stoppten und nahmen sich die Zeit Brahms, der hinter dem Glasfenster mit geschlossenen Augen saß, zu bewundern. Es war aufregend ihm dabei zuzuschauen wie er langsam erwachte und den Kellner Trinkgeld gab” – so Morton.

Leider fiel der Heinrichhof dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, er wurde im März 1945 bombardiert. Auch wenn Einige der Ansicht waren, dass der Heinrichhof zur Gänze hätte renoviert werden können, wurde er 1954 entfernt und vom Opernringhof ersetzt.

Es ist kaum noch etwas übrig, was uns an den Heinrichhof erinnert- neben den Hermen. Heinrich Drasche jedoch lebt in den Erinnerungen weiter, in den Ziegeln, die bis heute am Wienerberg produziert werden. Daher ist es gut möglich, dass Sie auf einem Streifzug durch die Stadt über ein Stück Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes stolpern mögen.

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